Die Fahne des Bürgerkorps aus 1888
Der 8. September 1888 war ein großer Festtag für Waidhofen. Das hiesige k.k. priv. Bürgerkorps hatte von Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Elisabeth ein neues Fahnenband erhalten. Die Fahne selbst wurde vom Korps angeschafft. Diese neue Fahne wurde unter der Patenschaft Ihrer k. k. apo. Majestät, Allerhöchst welche sich durch die hiesige Gutsbesitzerin Baronin Ernestine von Gudenus hiebei vertreten ließ, an diesem Tage in feierlicher Weise geweiht. Zum Festplatz war der Stadtplatz ausersehen. Trotz der sehr unfreundlichen Witterung hatten sich zu dieser Feier viele Vereine, Corporationen, Festgenossen und Gäste aus nah und fern eingefunden. Die Dreifaltigkeitssäule war in einen hübsch geschmückten Altar verwandelt. Zwischen derselben und dem k. k. Amtsgebäude befand sich die improvisierte Festhalle für die Ehrengäste. 460 Mann waren in schmucker Uniform mit ihren Fahnen und Abzeichen erschienen.
Darunter die Deputationen der Bürgerkorps von Eggenburg, Olmütz, Wiener Neustadt und Znaim und des Militär-Veteranen-Vereines "Fürst Schwarzenberg" von Fünfhaus in Wien, corporativ aber auch die Veteranenvereine von Gr. Haselbach, Gr. Siegharts, Heidenreichstein, Raabs, Schrems und Thaya, die Feuerwehren von Dietmanns, Eisgarn, Eggern, Gr. Siegharts, Raabs-Oberndorf und Wienings, und das hiesige 54 Mann zählende k. k. priv. Bürgerkorps.
Auch hatte sich eine noch eine tausende zählende Volksmenge zu dieser seltenen Feier eingefunden, die aber jedenfalls noch viel größer geworden wäre, wenn der Himmel nicht mit schweren Regenwolken umzogen gewesen wäre. Zum Glück war nur derselbe wenigstens während des feierlichen Aktes hold.
Das Programm des Aktes war in Kürze dieses:
- Feldmesse um 10 vorm., gelesen bei der Dreifaltigkeitssäule von Stadtpfarrer Eichmeyer unter Assistenz von 6 Priestern.
- Festrede des Zelebranten.
- Befestigung des Fahnenbandes durch die Frau Baronin Gudenus.
- Feierliche Benedikten der neuen Fahne vorgenommen vom Stadtpfarrer.
- Ceremonie des Nägel-Einschlagens.
- Übergabe der neuen Fahne an den Fahnenträger des Bürgerkorps.
- Begrüßung der neuen Fahne von seiten sämtlicher, am Festplatz anwesender Vereins- und Corpsfahnen.
- Defilierung sämtlicher Truppen.
Zum Schlusse Festzug der uniformierten Truppen mit Musikkapelle durch die ganze Stadt.
Die anderen Programmpunkte, wie Abend vorher: / großer Zapfenstreich, am Festtage: Tagreveille, Empfang der Festgäste, Beflaggung der Stadt, Festessen, Concert usw. - glaube ich - weil selbstverständlich - nicht erst eigens erwähnen zu müssen. Eine Schar von hiesigen Bürgerfräulein fungierten als Ehrenjungfrauen bei diesem Fahnenfeste. Ebenso half auch eine große Schar kleiner weißgekleideter Mädchen das heutige Fest zu verherrlichen. Die Herrschaften der Umgebung waren ebenfalls anwesend.
Das Thema der Festrede lautete: "Das hiesige k. k. priv. Bürgerkorps ist ein historisches Denkmal von Waidhofens ruhmreicher Vergangenheit'. Diese Festrede, in welcher schließlich zu Gottesfurcht, Vaterlandsliebe, Loyalität und einem einträchtigen, biederen Bürgersinn aufgefordert wurde, schloss mit einem "Hoch auf seine k.k. apostolische Majestät", das von der großen Volksmenge mit lauten Hochrufen und der Volkshymne beantwortet wurde.
Auszug aus der Chronik der Stadt Waidhofen/Thaya (Chronist Stadtpfarrer Dechant Franz Eichmayr).
Siehe auch: Festschrift "100 Jahre Fahne" 1888 – 1988
Dir. Eduard Führer, † 04.03.2000